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  • Review: Günstiger Retro Handheld oder China-Schrott?

    Review: Günstiger Retro Handheld oder China-Schrott?

    Als Gamer will ich meine Spiele nicht nur zu Hause genießen, sondern auch unterwegs. Ob Switch, Steam Deck oder PlayStation Portal – Handhelds sind inzwischen feste Begleiter vieler Spieler. Doch wenn es um Retro-Gaming geht, zieht es mich neuerdings zu den kleinen Emulationskonsolen.

    Während einige dieser Geräte vor wenigen Jahren noch wie billige Bastelware wirkten, hat sich der Markt inzwischen stark verändert. Heute findet man Retro-Handhelds in allen Formen, Größen und Preisklassen, vom winzigen 5-Euro-Spielzeug bis hin zu ernstzunehmenden Geräten für mehrere hundert Euro.

    Und mittendrin, ganz unten in der Preisskala, aber mit überraschend viel Charme: der R36S. Für gerade einmal 20 bis 30 Euro bekommt man hier zwar keinen High-End-Handheld, aber ein Gerät, das mich mit einigen Abstrichen überzeugt hat – und beweist, dass Retro-Gaming nicht teuer sein muss, um Spaß zu machen.

    Auspacken & erster Eindruck

    Geliefert wird der R36S in einer unscheinbaren Verpackung, die ihn schlicht als „Game Console“ ausweist. Der Lieferumfang ist übersichtlich, aber funktional:

    • der Handheld selbst
    • ein USB-A-zu-USB-C-Ladekabel (etwas kurz, aber praktisch für unterwegs)
    • eine kurze Anleitung, die die wichtigsten Funktionen erklärt
    • eine Displayschutzfolie, die zwar kein Panzerglas ist, aber das Display zuverlässig vor Kratzern schützt

    Damit ist alles dabei, was man zum sofortigen Loslegen braucht. Der Akku ist bereits zur Hälfte vorgeladen, sodass es für ein erstes Kennenlernen genügt – Konsole einschalten, Spiel auswählen und los geht’s.

    Mit seinen 130 × 83 × 20,8 mm und knapp 190 Gramm erinnert der R36S in Größe und Gewicht stark an einen Game Boy Color – nur eben mit deutlich mehr Power unter der Haube. Auf der Vorderseite finden sich ein klassisches Steuerkreuz, vier Aktionstasten (A, B, X, Y), drei Funktionstasten (Start, Select, FN), zwei Analogsticks sowie ein Lautsprecher. Auf der Rückseite sitzen gleich vier Schultertasten. Sie wirken zwar etwas klapprig und klicken recht laut, erfüllen aber ihren Zweck. Das D-Pad und die Facebuttons fühlen sich solide an. Die Analogsticks hingegen scheinen direkt aus der Switch-Ersatzteilkiste zu stammen und wirken nicht sehr wertig.

    Allerdings hat das Gehäuse seine Eigenheiten: Der R36S wirkt so, als sei er eher für kleinere Hände gedacht. Bei längeren Sessions hatte ich persönlich Schwierigkeiten, alle Tasten bequem zu erreichen, ohne meine Hände in eine etwas unnatürliche Haltung zu bringen.

    Das Gehäuse des R36S ist in mehreren transparenten Varianten erhältlich – Grün, Blau, Lila – und versprüht sofort echtes Retro-Feeling, das an die durchsichtigen Controller der späten 90er erinnert. Ich selbst habe mich für das undurchsichtige Weiß entschieden, um den Charme des ersten Game Boy so weit wie möglich einzufangen. Ein kleines Detail fehlt dabei jedoch: das leicht vergilbte „Etwas“, das viele von uns nostalgisch an die Originalhardware erinnert.

    Das Label zeigt das genaue Herstellungsdatum
    Der R36S erinnert ein wenig an den ersten Game Boy
    Das Gerät kommt mit überschaubarem Zubehör

    Display & Technik

    Das 3,5-Zoll-IPS-Display ist eine der größten Stärken des R36S. Mit 640 × 480 Pixeln bietet es gestochen scharfe Bilder und satte Farben, deutlich besser als man es von einem Handheld dieser Preisklasse erwarten würde.

    Im Inneren arbeitet der bewährte Rockchip RK3326 Quad-Core-Prozessor (1,5 GHz) zusammen mit einer Mali-G31-GPU und 1 GB RAM. Genug Leistung, um die meisten Retro-Systeme souverän zu emulieren. Der 3200 mAh Akku hält realistisch 4–6 Stunden durch, je nach Spiel und Displayhelligkeit. Geladen wird zeitgemäß über USB-C.

    Das Display überzeugt mit einem scharfen Bild

    Betriebssystem, Speicher & rechtlicher Aspekt

    Der R36S läuft mit ArkOS, einem Linux-basierten Open-Source-System, das durch Stabilität und eine vertraute Bedienung überzeugt. Als Frontend dient EmulationStation, bekannt von RetroPie und Raspberry Pi-Projekten.

    Im Lieferumfang ist meist eine MicroSD-Karte mit 64 oder 128 GB enthalten – und hier kommt ein wichtiger Punkt: Diese Karten sind fast immer mit zehntausenden ROMs vorbespielt, teilweise über 25.000 Spiele. So verlockend das klingt: mit nahezu 100%iger Wahrscheinlichkeit handelt es sich dabei um Raubkopien. Weder Nintendo, Sony noch Sega haben diese Spiele freigegeben.

    Zu schön um wahr zu sein – aber leider illegal
    Bewährtes funktioniert auch hier – der R36S kommt mit emulation station

    Rechtlicher Hinweis

    ⚠️ Achtung: ROMs und Urheberrecht
    Die beigelegte Speicherkarte wirkt auf den ersten Blick wie ein Schatz: Mehr als 25.000 Spiele sind vorinstalliert. In Wahrheit handelt es sich dabei mit fast 100%iger Wahrscheinlichkeit um Raubkopien – urheberrechtlich geschützte Spiele, die ohne Genehmigung verbreitet werden.

    Nicht nur bewegt man sich hier rechtlich auf sehr dünnem Eis, es besteht auch das Risiko, dass die Speicherkarte selbst minderwertig ist und nach kurzer Zeit ausfällt.

    👉 Meine Empfehlung: Die Karte sofort austauschen, ArkOS frisch von GitHub installieren und nur eigene, legal erworbene ROMs nutzen. Dabei wird auch ein Problem gelöst, das im Auslieferungszustand nervt: Der FN-Button hat keine Funktion – erst nach einem sauberen Setup lässt er sich sinnvoll belegen (z. B. fürs Speichern oder Laden von Spielständen).

    Spielerfahrung & Emulation

    Und nun zum Wichtigsten – wie spielt sich der kleine Handheld?

    • 8- und 16-Bit-Klassiker (Game Boy, NES, SNES, Mega Drive, NeoGeo): laufen absolut flüssig und ohne Einschränkungen.
    • PlayStation 1: ebenfalls sehr stabil, Crash Bandicoot oder Spyro spielen sich wie damals.
    • Nintendo 64: hier stößt der Chip an Grenzen. Manche Spiele wie Super Mario 64 laufen ordentlich, andere wie Goldeneye 64 oder Pilotwings 64 kämpfen mit Grafikfehlern und Rucklern.
    • Dreamcast: überraschend gut! Viele Titel sind flüssig spielbar, gelegentlich knarzt der Sound.
    • PSP: für den Preis fast sensationell. Spiele wie Ridge Racer oder Tekken Tag Tournament laufen mit 40–50 fps flüssig, auch wenn High-End-Titel unspielbar bleiben.
    • Nintendo DS: läuft solide, allerdings sind beide Bildschirme gleichzeitig sehr klein – für manche Spiele unpraktisch.

    Die Menüführung ist nicht immer konsistent: mal beendet Start + Select ein Spiel, mal muss man den rechten Stick drücken. Anfangs verwirrend, aber nach kurzer Zeit verinnerlicht.

    Fazit: Retro-Liebe für kleines Geld

    Der R36S ist kein High-End-Handheld, kein „Switch-Killer“ und auch kein Ersatz für ein Steam Deck. Aber er will das auch gar nicht sein. Er will eins: Retro-Spiele überall erlebbar machen – und das gelingt ihm gut.

    Für knapp unter 30 Euro bekommt man:

    • ein gutes IPS-Display
    • solide Akkulaufzeit
    • starke Emulation bis PS1, teils sogar Dreamcast und PSP
    • ein Gerät, das sofort Kindheitserinnerungen weckt

    Natürlich gibt es Schwächen: N64 läuft nicht perfekt, die Schultertasten klappern, WLAN fehlt und die Menüführung ist manchmal uneinheitlich. Aber all das verblasst, wenn man nach Jahren wieder Pokémon Silber startet, Metal Slug zockt oder in Super Mario World eintaucht – diesmal nicht auf einer vergilbten Röhre, sondern klar und bunt auf einem kleinen IPS-Display in der Hand.

    Der R36S ist keine Perfektion – er ist Nostalgie zum Mitnehmen. Und dafür muss man kaum mehr bezahlen als für ein altes Game Boy-Spielmodul auf dem Flohmarkt.

  • Review: Beat ‚Em Up Collection (QUByte Classics)

    Review: Beat ‚Em Up Collection (QUByte Classics)

    Sieben alte Beat ‚Em up Klassiker in einer Kollektion klingt nach einem feinen Angebot für Fans dieses Genre. Wir haben die QUByte Classics Beat ‚Em Up Collection angespielt und sagen euch, ob ihr hier zuschlagen solltet.

    Inhalt

    Als Kind der 90er, der mit einem SNES aufgewachsen ist, war ich überrascht, dass mir keiner der hier enthaltenen Titel bekannt war. Die Beat ‚Em Up Collection versammelt Spiele verschiedener Hersteller, die bis auf das Genre, wenig gemeinsam haben. Enthalten sind:

    • First Samurai (SNES, 1993)
    • Second Samurai (Mega Drive, 1994)
    • Gourmet Warriors (SNES, 1995)
    • Iron Commando (SNES, 1995)
    • Legend (SNES, 1994)
    • Sword of Sodan (Mega Drive, 1990)
    • The Tale of Clouds and Winds (Water Margin) (Mega Drive, 1996)

    Die Auswahl der Titel ist OK. Während mir z.B. Second Samurai gar keinen Spaß gemacht hat, sind die anderen Titel alle zumindest in Ordnung bis Gut. Doch besonders tiefgreifend ist das Beat ‚Em Up Genre sowieso nicht, sodass man mit den meisten Titeln seinen Spaß haben wird. Vor allem wenn man sie lokal zu zweit spielt. Einen Online-Multiplayer gibt es leider nicht.

    Schade finde ich nur, dass pro Spiel genau eine Version enthalten ist. First Samurai ist beispielsweise auch für den Amiga, Atari ST, C64 und MS DOS erschienen. Die SNES Version mag vermutlich die beste sein, doch bei solchen Compilations stöbere ich gerne und spiele auch mal die anderen Ports an.

    Einige der Spiele wurden bereits in den vergangenen Jahren einzeln für die gängigen Plattformen neu aufgelegt oder gar erneut als Cartridge veröffentlicht.

    Komfort Features

    Wie bei solchen Sammlungen üblich, wurden die Spiele um ein paar Komfort Funktionen erweitert. Mit dabei sind Emulator-Standard-Kost wie eine Rückspulfunktion, Save States (Speichern und Laden wann man möchte) sowie ein Cheat Menü für jedes Spiel. Die Rückspulfunktion ist allerdings hakelig. Hat man aus versehen nicht weit genug zurückgespult, wars das. Nachträglich noch weiter zurück in der Zeit reisen, geht dann nicht mehr.

    Auch bei der Darstellung kriegen wir eine kleine Standardauswahl. Verschiedene Bildschirmeinpassungen, Filter und Rahmen. Seltsam ist, dass zwar zu jedem Spiel passende Rahmen zum füllen des schwarzen Bildschirmrandes vorhanden sind, diese aber nicht passend zum jeweiligen Spiel geladen werden können. Man hat lediglich die Möglichkeit einen zufälligen Rahmen anzeigen zu lassen oder wählt den jeweils passenden Rahmen jedes Mal manuell aus.

    Auch die zusätzlichen Bildfilter wie Scanlines oder CRT sind nicht der Rede wert und sind nicht authentisch implementiert. Zwar bevorzuge ich normalerweise einen CRT Filter, doch hier spielt man am besten im „Pixel Perfect“ Bildmodus.

    Auch beim Zusatzmaterial sieht es eher mau aus. Es gibt keinerlei sonst übliches Bonusmaterial. Keine Werbeflyer, Interviews oder gescannten Anleitungen. Dafür gibt es zu jedem Spiel zumindest eine selbst geschriebene Anleitung, die die Geschichte zusammenfasst, die Steuerung erklärt und hier und da ein paar Tipps gibt.

    Positiv hingegen ist, dass in den Spielen selbst so angepasst wurden, dass die Ingame-Symbole für die Controller Tasten durch moderne Controller Tasten des aktuellen Systems ersetzt werden.

    Fazit

    Die Beat ‚Em Up Collection ist genau nur das. Eine eher zufällig anmutende Sammlung verschiedener Spiele des gleichen Genres, ohne viel drumherum. Einerseits ist es schön, dass diese Spiele erneut zur Verfügung gestellt werden, andererseits hätte die Kollektion gerne liebevoller aufbereitet sein können.

    Fans von Retro und Beat ‚ Em Up Spielen sollten vermutlich zunächst ein paar andere Sammlungen durchspielen, bevor sie ihren Horizont mit dieser hier erweitern.

    Die Beat ‚Em Up Collection (QUByte Classics) ist für PC, Nintendo Switch (2 kompatibel), Playstation 4 & 5 und Xbox One & Series erhältlich. Wir haben die PC Version getestet. Das Spiel ist Steam Deck kompatibel.

    Wertung: 6/10